Beckenboden To Go – Folge 33: Faszien und Beckenboden

Was sind überhaupt Faszien und woraus bestehen sie?

Faszien sind genau das, was früher keine Beachtung gefunden hat, weil man der Meinung war, dass die Faszien nicht wichtig sind. Heute weiß man aber, dass die Faszien schlussendlich ein Sinnesorgan mit ganz viele Nervenzellen sind. Die Faszien sind ein zusammenhängendes Spannungsnetzwerk, welches den gesamten Körper durchzieht. Sie sind um jeden Muskel, jedes Organ und jede Faser gespannt. Die Organe und die Muskeln werden durch die Faszien verbunden und letztendlich sind alle Sehnen und Bänder schlussendlich Bestandteil der Faszien. 

 

Faszien sind also eine Art Bindegewebe, woraus bestehen diese denn genau?

Es gibt Fibroplasten, also die elastischen Zellen in den Faszien, dann gibt es auch noch weitere Zellen, wo wir jetzt aber nicht ins Detail gehen wollen, weil das den Rahmen sprengen würde. Dann gibt es noch ganz viel Wasser und die feinen Nervenendigungen und Nervenfasern. Hier ist man immer noch sehr intensiv am forschen, wie genau das mit Schmerzen jetzt eigentlich zusammenhängt. Auch in Richtung chronische Beckenschmerzen zum Beispiel.

 

Du hast gesagt, dass die Faszien den ganzen Körper durchziehen und ein Netzwerk bilden. Das heißt meine Beckenbodenmuskulatur ist auch in Fasziengewebe eingehüllt?

Ja, genau. Nicht nur die Beckenbodenmuskulatur, sondern alles. Als Beispiel: Der Außendreher der Hüfte geht von innen im Becken zum Oberschenkel und einer der großen Beckenbodenmuskel sind durch Bindegewebe verbunden. Dadurch, dass ich mit dem Muskel etwas mache, habe ich dann direkten Einfluss auf den Beckenboden. Man kennt das ja auch von kleinen Kindern. Wenn die auf Toilette müssen, drehen sie die Beine oft nach innen, damit der Muskel unter Spannung kommt und so wird der Beckenboden passiv vorgespannt und kann diesen dann besser verschließen.

 

Welche Aufgabe haben die Faszien im Beckenboden? Wofür sind sie da besonders wichtig?

Sie umhüllen die ganzen Organe und die ganzen Muskeln, sie schützen und stützen und geben auch Struktur. Sie trennen aber auch Muskeln von den Organen oder auch die einzelnen Organe. Sie schauen, dass alles gegeneinander verschiebbar ist und eben nicht verklebt. Schlussendlich sind sie auch für die Form zuständig. Sie sind bei der Kraftübertragung mit beteiligt, weil sie Energie speichern können. Sowohl positive als auch negative Energie wird gespeichert. Es gibt sehr viele dramatische Situationen, die mit dem Beckenbereich zusammenhängen, ob das jetzt eine Geburt ist, die nicht so verläuft, wie man sich das vorstellt oder Übergriffe, die man erlebt hat. Auch immer wieder chronische Blasenentzündungen oder Endometriose. Und durch den Stress, den das Gewebe da erlebt, wird im Becken gespeichert. Die Faszien sind auch für die Gesamtbeweglichkeit zuständig. Gäbe es die Faszien nicht, könnten wir uns gar nicht bewegen. Sie sind ebenfalls für die Versorgung, den Stoffwechsel und den Flüssigkeitstransport zuständig. Und sie kommunizieren über die Nervenenden und geben somit verschiedene Informationen zum Gehirn weiter. 

 

Was außer den traumatischen Erlebnissen können noch Ursachen dafür sein, dass die Faszien nicht mehr so arbeiten wie sie sollten? Kann das auch an Bewegungsmangel zum Beispiel liegen?

Wie du schon gesagt hat, ein großer Punkt ist tatsächlich der Bewegungsmangel. Die meisten von uns bewegen sich einfach zu wenig und das wirkt sich natürlich auch auf die Faszien aus. Dann natürlich Schmerzen. Dadurch wird ja oft auch die Bewegung weniger, somit hängt das direkt zusammen. Dann spielt sicher auch Flüssigkeitsmangel eine Rolle. Auch Stress allgemein erhöht die Spannung im Körper und kann zu Verspannungen in den Faszien führen. Ebenso eine Übersäuerung des Körpers, sowohl sporttechnisch, das wir einfach zu viel machen aber auch durch falsche oder einseitige Ernährung. 

 

 

Wie äußert sich die Verspannung? Habe ich das Gefühl ich muss mich erstmal strecken und dehnen oder entstehen dann wirkliche Schmerzen?

Für mich sind das verschiedene Dinge. Einmal gibt es die verspannte Faszie, die einfach einen zu hohen Tonus hat und das sind dann die Momente, wo man wie du eben sagtest, das Gefühl hat man muss sich erstmal bewegen und strecken. Das schmerzt meistens nicht so. Ich glaube die Schmerzen kommen dann, wenn die Faszien verkleben. Das kann man sich so vorstellen: Wenn man zwei Schichten hat, dann müssten diese ohne Probleme dehnbar sein. Wenn ich aber einen Bereich nicht so viel bewege, dann denkt der Körper, er muss diese Stelle stabilisieren. Und dann baut der Körper zwischen diese Schichten sogenannt Cross-Links, also kleine Fäden. Und dann kann ich mich nicht mehr bewegen. Und dann kommt es drauf an, wie kurz diese Fäden sind. Bin ich nur noch eingeschränkt beweglich oder komplett eingeschränkt. Und das schmerzt, einmal beim Bewegen an sich und natürlich auch beim Zerreißen dieser Fäden und ich muss sie zerreißen. Weil ich mich sonst irgendwann wirklich nicht mehr bewegen kann. Das sind in meinen Augen die zwei Möglichkeiten, wenn man Probleme mit den Faszien hat. 

 

Ich nehme als Erklärung auch gern das Bild wenn man Käse kauft: Wenn es einzelne Scheiben sind, dann liegt ja oft ein Trennblatt dazwischen. Wenn es das nicht gibt, dann muss man den Käse richtig voneinander abpulen und dann bricht das ab und man kriegt es nicht richtig auseinander. 

 

Was kann ich denn tun, um meine Faszien gesund, elastisch, beweglich zu halten?

Also das einfachste ist eine gesunde Ernährung und genug zu trinken und genügend Bewegung. Und schlussendlich ist es egal wie wir uns bewegen, Hauptsache, wir bewegen uns. Natürlich gibt es Dinge die sind besser oder schlechter aber überhaupt irgendeine Bewegung ist schon mal wichtig und die Basis. Und wenn wir dazu tendieren Probleme zu haben, dann können wir noch verschiedene Dinge für die Faszien machen. Zum Beispiel die Länge ist bei den Faszien immer sehr wichtig, also dass man sich auch wirklich im gesamten Bewegungsradius bewegt und nicht nur einen Teil. Auch Bewegungen wie kippen, hüpfen, springen. Das ist zwar für den Beckenboden in der Regel eher suboptimal, aber es gibt da auch die Möglichkeit in kleinen Bewegungen zu wippen und das reicht schon aus für die Faszien, wenn man Probleme mit dem Beckenboden hat. 

 

Was kann ich noch für meine Faszien machen?

Weil alles miteinander zusammenhängt, ist es auch immer gut die umliegenden Orte zu behandeln. An den Beckenboden selber ranzukommen ist immer etwas schwieriger, aber was super ist, sind zum Beispiel die Faszienrollen oder Bälle und damit dann das Gesäß oder die Oberschenkel behandeln. Dabei ist wichtig, dass man immer in eine Richtung rollt und nicht hin und her. Auch die Gesäßmuskulatur hängt über das Bindegewebe mit dem Beckenboden zusammen und wenn diese frei beweglich ist, dann habe ich einen direkten Einfluss auf den Beckenboden ohne diesen direkt behandelt zu haben. 

 

Eine der besten Bewegungen ist auch immer das Tanzen. Ich stelle mir immer vor ich kann tanzen wie Shakira und bewege die Hüften in großen Kreisen, mal schneller, mal langsamer. Einfach Musik an und tanzen, es spielt keine Rolle, wie es aussieht, beweg dich einfach. 

 

Auch Faszien brauchen eine Regenerationszeit und man darf nicht vergessen, dass der Körper ständig am umbauen, also auch am „Fäden spinnen“ ist und wenn ich diese Fäden zerreiße, dann ist das eine Entzündung und eine Entzündung braucht 48 bis 72 Stunden um zu heilen. In dieser Entzündungsphase nochmal mit den Rollen oder den Bällen die Faszien zu behandeln ist kontraproduktiv. Bewegung ist aber sehr wichtig, sodass der Körper keine Fäden mehr aufbaut. Bewegt man sich nicht, dann baut der Körper die Fäden wieder auf. Damit die Faszie lernt, dass sie beweglich sein soll und keine Fäden aufbauen soll.

 

Faszien kann man also wie beim Krafttraining auch alle 2-3 Tage behandeln. 

 

Wichtig ist einfach, dass man den gesamten Körper sieht und versteht, dass alles zusammengehört und zusammenhängt und man dadurch auch nicht nur einzelne Bereiche trainieren oder behandeln sollte. 

 

Ann-Louise, wie erreiche ich dich?

Ich habe eine Praxis in der Nähe von Basel und man findet mich unter www.einzigartich.ch.

 


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