Beckenboden To Go – Folge 44: Sexualität, Orgasmus und Beckenboden

Welche Verbindung gibt es zwischen dem Beckenboden und der Sexualität?

Beides ist sehr verknüpft miteinander und geht in den meisten Fällen auch nicht ohne einander. Zum Beispiel wenn es um die Themen Unlust, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr oder Orgasmus geht, kann der Beckenboden mit eine Rolle spielen. 

 

Welchen Unterschied gibt es zwischen Sexualpädagogik und Sexualberatung?

Sexualpädagogik umfasst eher den Bildungs- und Aufklärungsbereich. Das können zum Beispiel Workshops in Schulklassen oder mit Erwachsenen sein, die sich für das Thema interessieren. In die Sexualberatung kommen Menschen aus unterschiedlichen Gründen. Meistens einzeln oder auch als Paar, etwas in der eigenen Sexualität reflektieren oder verändern wollen. Es stehen in der Beratung keine Körperübungen oder Wissensvermittlung im Vordergrund, sondern eher die Person oder Personen.

 

Und macht die Beckenbodenarbeit in beiden Fällen Sinn?

Ja, die Arbeit mit dem Beckenboden passt in viele Bereiche. Bei einem Vortrag in der Sexualpädagogik bringe ich Beckenbodenübungen mit ein oder erkläre den Beckenboden, da viele Menschen oft gar nicht wissen, dass sie einen Beckenboden haben.

 

Warum macht es Sinn, über den Beckenboden aufzuklären und ihn zu integrieren?

Oft kommem Menschen mit dem Thema “Unlust” oder ein “unbefriedigter Orgasmus” zu mir.

Gerade bei diesen Themen spielt der Beckenboden eine große Rolle. Der Beckenboden kann durch eine fehlende Wahrnehmung, eine verminderte Durchblutung, zu viel oder zu wenig Spannung oder wenn die Ansteuerung nicht optimal funktioniert, Auswirkungen auf die Sexualität haben. Deswegen ist es wichtig den Beckenboden in der Wahrnehmung zu schulen und den Fokus in den Bereich zu bringen. Das Wechselspiel zwischen An- und Entspannung im Beckenboden ist Lust und Erregungssteigernd, deswegen kann ich durch das aktive An- und Entspannen auch meine eigene Lust steigern. 

 

Ist das Erleben eines Orgasmus auch vom Spüren des Beckenbodens abhängig?

Ein Orgasmus ohne den Beckenboden funktioniert prinzipiell nicht (In manchen Fällen kann ein Orgasmus auch anders ausgelöst werden, zum Beispiel bei Menschen mit Querschnittlähmung) Orgasmen werden meistens über die Klitoris ausgelöst und sind mit eine Kontraktion des Beckenbodens. Deswegen kann es eine wichtige Frage sein, wenn die Person Schwierigkeiten mit dem Erspüren des Beckenboden hat, ob ein Orgasmus möglich ist. Dadurch kann die Einordnung des Beckenbodens leichter fallen. 

 

Wenn mein Beckenboden zu angespannt oder zu kraftlos ist, kann das auch Auswirkungen auf die Orgasmusfähigkeit haben?

Ja, das kann Auswirkungen haben, weil die Lust in vielen Fällen gar nicht so weit gesteigert werden kann oder als nicht so befriedigend wahrgenommen wird. Der Beckenboden ist ein Sexmuskel. 

 

Kann ich bei Lustlosigkeit das Beckenbodentraining machen, um meine Lust zu steigern?

Zuerst ist wichtig herauszufinden, wie es zu der Lustlosigkeit gekommen ist. Oft sind es verschiedene Faktoren, die da mit einspielen können. Lust ist schwankend, hat Höhen und Tiefen und ist sehr individuell. Wenn eine Person in die Beratung mit dem Wunsch nach Veränderung kommt, mache ich zuerst eine Analyse, um mir ein Bild von der Person zu machen. Die Analyse beinhaltet Fragen zum Alltag, dem Kontakt zum eigenen Körper, dem Lustempfinden im Genital, Körperreaktionen beim Solosex, was erregt und wie ich die Erregung steigere.

 

Woran kann es liegen, dass ich durch Penetration nicht zum Orgasmus komme?

Zuerst ist wichtig zu wissen, dass Menschen mit einer Vagina selten nur über Penetration zu einem Orgasmus kommen. Die Klitoris ist ein Organ, das Schwellkörpern hat, die um die Vagina herumlaufen. Deswegen ist ein Orgasmus, der in der Vagina ausgelöst wird, auch ein klitoraler Orgasmus. 

 

Kann ich durch das Beckenbodentraining Lust bekommen und wie gehe ich dann damit um?

Ja, das ist eine natürliche körperliche Reaktion, die durch die Stimulation der Muskeln und dadurch eine Mehrdurchblutung entstehen kann. Ich kläre vorher darüber auf, dass Beckenbodentraining luststeigernd sein kann, damit sich die Personen nicht unwohl fühlen oder das Gefühl bekommen, als wäre etwas verkehrt. In der Situation kann man das Gefühl wahrnehmen und schauen, ob die Lust vielleicht später wieder kommt. 

 

Gibt es eine Übung, die du besonders gut findest?

Ja, eine tolle Übung ist die Beckenschaukel. Man kann sie im Sitzen, im Stehen, in der Rückenlage oder im Vierfüßlerstand machen. Dabei geht es um das Kippen des Beckens. Die Übung verbindet die tiefe Atmung, die an und Entspannung im Beckenboden, die Bewegung im Raum, zum Beispiel weiterlaufend im Brustkorb und den Rhythmus, miteinander. Diese Komponenten können hilfreich in der Sexualität sein. 

 

Wieso ist der Atem bei den Übungen so wichtig?

Weil der Kiefer und der Beckenboden eng miteinander verbunden sind, deswegen ist es wichtig, dass auch der Kiefer locker ist und der Atem fließen kann. Wenn Menschen im Kieferbereich und dadurch auch im Beckenboden fester sind, kann es sein, dass die Sexualität als schmerzhaft, anstrengend oder nicht so lustvoll erlebt wird. 

 

Hast du noch etwas zum Thema Beckenboden oder Sexualität zu sagen?

Das Thema Sexualität ist immer noch sehr schambehaftet und viele Menschen fühlen sich in der Kommunikation über eigene Wünsche oder Bedürfnisse unwohl oder unsicher. Deswegen würde ich mir wünschen, dass die Sexualität bei jeder Anamnese in Gesundheitsberufen, Praxen o.ä. angesprochen wird, damit es Menschen eine Tür öffnet, die Bedarf haben. 

 

Wie kann ich dich erreichen, wenn ich eine Beratung buchen möchte oder Lust habe mehr über das Thema Sexualität und Beckenboden zu erfahren?

Gerne per E-Mail über meine Homepage www.gefuehlsecht.at

Dort gibt es auch weitere Infos über einen Lehrgang für Interessierte an den Themen Sexualität, Beckenboden und Trauma, an dem man online und/oder offline teilnehmen kann

 


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