Beckenboden To Go – Folge 58: Trauma und Beckenboden

Heute begrüßt das Bewegungszentrum Norderstedt im Podcast „Beckenboden to go“ Katrin Klingenberg. Katrin ist Beckenbodentrainierin. 

 

Die erste Folge mit Katrin kannst du hier nachhören. 

 

In der heutigen Folge geht es um Trauma und Beckenboden.

 

Katrin, magst du dich noch einmal vorstellen? Ich bin eigentlich Quereinsteigerin in dieses Thema und bin seit Januar hauptberuflich als Beckenbodentrainierin tätig. Ich habe mich in den vergangenen Jahren stetig weitergebildet um den Frauen umfänglicher helfen zu können.

 

Was bedeutet überhaupt Trauma?

Ein Trauma an sich ist eine Erfahrung, welche über die normalen Bewältigungsmechanismen eines Menschen hinaus gehen. Es ist also nicht das eigentliche Ereignis, wie z.B. die Geburt, sondern die Antwort unseres Körpers auf dieses Event. Also das ist auch nichts, was wir willentlichen beeinflussen können, das macht unser Körper ganz allein. Es gibt auch verschiedene Arten von Traumata, das kann etwas sein, was wir erleben, aber es kann auch etwas sein, dass wir sehen. Es ist wie als wenn der Körper weiterhin denkt, dass wir weiterhin in dieser Situation sind, das wird im Körper gespeichert. Und das beeinflusst mein gesamtes Leben auf körperlicher und emotionaler Ebene.

 

Wenn wir beide im selben Moment die gleiche Situation sehen würden, können unsere Nervensysteme ganz unterschiedlich drauf reagieren und das bedeutet nicht, dass einer von uns komisch ist. 

 

Es gibt unterschiedliche Fachbegriffe. Im Primären gibt es die posttraumatische Belastungsstörung. Per Definition ist das eine physische oder psychische Einschränkung, die aufgrund der Situation stattfindet. Oder Sekundärtraumatisierung. Also es kann auch Menschen treffen, die in solchen Berufsgruppen (Krankenschwestern, Hebammen etc.) unterwegs ist. Die Symptome sind da immer unterschiedlich.

 

Wir erleben die Welt ganz anders, weil die Entwicklung unseres Nervensystems ganz unterschiedlich ist. 

 

Wie sieht es denn biologisch aus?

Wir haben im Gehirn verschiedene Bereiche und diese sind evolutionär gesehen unterschiedlich alt. Der älteste Bereich ist der Hirnstamm, das ist der Bereich, wo die tiefsten Traumata gespeichert sind. Das ist auch der Bereich, der die ersten 7 Jahre die größte Rolle spielt und beeinflusst, wie wir aufwachsen. Dann gibt es das Kleinhirn, welches für die Motorik verantwortlich ist und darauf aufbauend das Zwischenhin bzw. das limbische System. Aufbauend heißt, dass wenn der Hirnstamm nicht ausreichend entwickelt ist, wie z.B. bei Frühgeburten, wo keine Maßnahmen ergriffen worden, um das was gefehlt halt aufzuholen, dann wird dieser Teil unterentwickelt sein, das heißt dieser Mensch hat andere Startvoraussetzungen und auch auf emotionaler Ebene. Und dann kommt der präfontrale Kortex, das was die meisten Menschen von uns kennen und für das analytsiche Denken letztlich zuständig ist. Und wenn man mir jetzt zugehört hat, kann man sich schnell denken, was es bedeutet, wenn die Basis nicht stimmt. Wir haben nur Einfluss auf diese ganz ältesteten Hirnbereiche über das Nervensystem. Über das analytische Denken kommen wir da nicht ran. Das heißt hier ist es nötig, dass wir über die Nervenarbeit daran gehen, damit die Bereiche, die sich bislang nicht ausreichend entwickelt haben, weiterentwickeln können. 

 

Wir haben durch Einfluss auf unser Nervensystem also auch Einfluss auf unser Gehirn.

 

Wie nehme ich Einfluss darauf?

Es gibt verschiedene Theorien aus der Neurobiologie, die davon ausgehen, dass wir verschiedene Bereiche haben. Wir haben den Körper, wir haben die äußere Schicht um uns herum, also die emotional-energetische Schicht und wir haben die spirituelle Schicht. Daran brauch man nicht glauben, aber es ist wichtig zu wissen, dass wir heute von der physischen und der emotionalen Ebene reden. Die muss man beide berücksichtigen, denn manchmal ist gar nicht im physischen Körper, sondern im emotionalen Körper das Trauma verankert. Auf der biologischen Ebene ist es so, dass der kleinste Teil im Körper von der wir heute reden wollen ist die extrazelluläre Matrix (kurz EZM). Und das ist eigentlich nicht anderes als der Bereich – vor allem im Bindegewebe – zwischen den Zellen. Und dieser Bereich ist je nachdem, wie es uns geht und wie wir uns ernähren, wie emotional belastet wir sind, wie gereizt unser Nervensystem ist, gesund oder eben auch nicht. Und das ist die Basis wo bspw. später Krebszellen etc. entstehen könnten. Das ist also dieser interzelluläre Raum zwischen den Zellen, den ich durch das Zentralennervensystem beeinflussen kann. Das ist quasi mein Fundament, um mich auf körperlicher Ebene zu reinigen und den Hirnstamm weiterentwickeln zu können und dafür zu sorgen, dass mein Körper wieder eins ist und funktioniert. Das ist ein sogenannter Selbstregulierungsmechanismus, den man erlernen muss. Und zwar nicht nur einmal, sondern immer wieder. Unser Nervensystem bekommt jeden Tag neue Einflüsse und gerät somit immer wieder aus dem Gleichgewicht. Was wir aber lernen können ist unser Nervensystem selber zu regulieren. Und das funktioniert neben den Basics wie gesunder Ernährung, Entgiftung und regelmäßiger Sonne, durch die Aktivierung von Parasympathikus. Das Nervensystem hat verschiedene Möglichkeiten, wie es reagieren kann. Wenn ich jetzt gestresst bin, dann ist der Sympathikus aktiv und wenn ich in die Entspannung komme, dann ist der Parasympathikus aktiv. Beide sind wichtig und beide sind gut, sie müssen sich nur die Balance halten. Und das ist etwas, was man über Mechanismen umsetzt und sich somit besser kennenlernt. Wichtig dafür ist, dass der Körper sich im Außen sicher fühlt und dann geht’s mit den eigentlichen Übungen los.

 

Beispielsweise über die Atmung: Es gibt verschiedene sogenannte Neuromodulationen. Damit sind Faktoren gemeint, die mein Nervensystem so positiv beeinflussen, dass ich wieder in die Mitte zwischen Sympathikus und Parasympathikus komme. Das kann Musik sein, Aromatherapie, Kontakt mit der Natur, Dehnung, Ernährung etc. 

 

Körperlicher Kontakt ist die Basis dafür, dass sich das Nervensystem entwickeln kann. Wir sind keine Insel, wir sind Menschen, die sozialen Kontakt als Säugetiere brauchen, um sich entwickeln zu können. 

 

Das können Übungen wie Tapping an verschiedenen Körperbereichen, ehrliche Kommunikation, wie es einem geht oder auch über Übungen, wo man gut innerhalb kurzer Zeit den Körper wieder regulieren kann. Und wenn man das regelmäßig macht, wird man merken, dass sich Emotionsblockaden und Traumata zwar nicht zwangsläufig auflösen müssen, aber die Chance dafür gegeben ist, weil man den Raum dafür gibt. 

 

Was wäre, wenn meine Beckenbodenbeschwerden über meine körperlichen Beschwerden hinausgehen? Woran kann ich das merken? Muss das Trauma direkt im Beckenbodenbereich stattgefunden haben?

Aus meiner Erfahrung über die Jahre hinweg, sind es oftmals Frauen, die sagen, dass sie so viele Jahre verschiedene Dinge ausprobiert haben und nichts funktioniert hat. Sie suchen händeringend eine Lösung, aber oftmals ist es ja auch gar nicht leicht zu wissen, an wen man sich werden muss und was genau zu tun ist. Da fehlt häufig noch die Kommunikation generell, was wir alleine tun können, außer zu einem Psychologen zu gehen. Häufig geht es auch darum ihre Lebensqualität zurückzugewinnen, weil sie merken, dass ihr Körper noch nicht richtig intakt ist. 

 

Wie kann ich mit meiner Atmung auf mein Nervensystem einwirken? Die Frage ist: Wie bekomme ich den Zugang zu meinem Körper?

Der Schlüssel dazu ist die Atmung, denn ich kann die Atmung einerseits willentlich steuern, aber es funktioniert auch automatisch. Und die Atmung sorgt dafür, dass genügend Sauerstoff überall in meinem Körper vorhanden ist. Und die bewusste Atmung sorgt dafür, dass wenn ich mehr Sauerstoff, die Zellen besser versorgt werden und das wirkt sich beruhigend auf das Nervensystem aus. Und was ich damit erreiche, ist, dass ich das Nervensystem, also den Parasympathikus aktivieren kann. Und erst wenn ich den aktiviert habe, macht im Übrigen Beckenbodentraining Sinn, denn erst dann fühle ich, was in meinem Körper passiert und das ist ja ganz essentiell, da man ja viel mit der Wahrnehmung arbeitet. Vor allem, wenn der Bauch- und Beckenbereichen nervlich vom Gehirn getrennt ist. Und die Atmung hat sich ja während der Schwangerschaft verändert und nach der Schwangerschaft bildet sich das alles zurück. Da ist es auch wichtig, das Zwerchfell mitzunehmen, weil es sich ganz weit nach oben gedrückt hat und wenn ich nicht daran arbeite, dass das wieder elastisch wird und sich entspannen kann, dann kann das auch der Beckenboden nicht. Und jeder kann das selber erlernen.

 

Ich habe ein Bild, welches ich gern mitgebe: Stell dir vor du sitzt im Kino und schaust einen krassen Horrorfilm. Stell dir vor, wie dein Atem an den besonderes spannenden Stellen ist: Der Atem wird angehalten, scharf eingezogen und die Schultern werden hochgezogen. Und stell dir vor du schaust dir eine wundervolle Liebeskomödie an und am Ende treffen sich der Held und die Heldin und du atmest wie einem „Aahhh“ aus. 

 

Selbstregulation bedeutet also, dass ich zwar nicht diesen Kinofilm vor mir habe, aber die Wirkung dieselbe ist.

 

Den neurologisch betrachtet sind die ältesten Organe unsere Bauchorgane und wenn ich die nicht fühlen kann, dann muss ich erstmal lernen diese wieder zu fühlen. Und das öffnet mir Türen in ganz andere Bereiche und diese muss man erstmal aufmachen wollen.

 

Und wenn ich das aufmache, dann weiß ich, dass Menschen die Sorge haben, dass wenn sie den Keller aufmachen, alles über sie hereinstürzt und sie dann nicht mehr zurechtkommen. Gibt es dafür einen Schutzmechanismus oder muss ich mich darauf gefasst machen, dass ich für eine bestimmte Zeit nichts mehr hinbekomme? Das gute an der ganzen Geschichte ist, dass wir in uns die Lösung bereits eingebaut haben. Wir müssen uns nur trauen es zuzulassen. Auch hier gibt’s wieder ganz viele verschiedene Ebene, von denen wir sprechen können. Das kann einmal die Ebene sein, dass ich zulasse – Stichwort neurogenes Zittern – dass ich den Stress zulasse. Im Übrigen ist es für die Heilung nicht wissen, was für ein Trauma es ist. Man muss sich daran auch nicht erinnern, meistens kann man das auch gar nicht. Viele denken, dass man dieses Trauma nochmal durchleben muss, um es zu bearbeiten, dem ist aber nicht so. Was aber der Fall ist, ist wenn ich diese Kellertür öffne und ich mache das bspw. alleine, dann wird mein Körper auch nur in dem Moment das öffnen und loslassen, wozu ich mich selber bereit fühle. Wenn ich das in Begleitung mache mit jemanden, der sich auskennt, dann ist eine ganz andere Rahmenbedingung gegeben und man weiß, dass man im Fall der Fälle Unterstützung hat und sich dadurch mehr traut. Denn häufig weiß man ja gar nicht, was passieren wird. Und diese Unsicherheit zu nehmen und Sicherheit zu vermitteln und anzuerkennen, dass es ein Prozess ist, indem alles, was geschluckt wurde wieder hochkommen muss und darf, nicht unbedingt ein freudiges Erlebnis. Es kann ein freudiges Erlebnis sein, ist es aber meistens nicht. Oft wurde Schmerz geschluckt und der muss erst einmal wieder hochkommen, damit wir ihn loslassen können. Und das ist der Prozess, den ich z.B. mit begleite. Und da sehe ich auch, dass sich auf der Beckenbodenebene, das ist ja die Basis unseres Körpers, dass sich da auch andere Bereiche lockern können. Das kann alles sein, von Rückenschmerzen über Migräne und Schlafproblemen.

 

Du hast ja gesagt, dass viele Menschen immer machen und tun und ausprobieren, aber nichts funktioniert. Meinst du es gibt einen Zeitpunkt, an dem man merkt, dass man bereit ist?

Jeder sollte es machen, aber wann ich dafür wirklich bereit bin, ist glaube ich der Moment, wenn du dich fragst, ob das was du tust ausreicht. Oder dieser ganz kleine Faden von „Da ist noch mehr, aber was ist es denn? Also im Grunde der Intuition folgen. Aber dafür muss man bereit sein an sich selbst wirklich arbeiten zu wollen. Also wenn ich in Spa gehe und denke, wenn ich daraus komme, dann geht’s mir gut, der ist auf dem falschen Weg.

 

Und dieser Wunsch mich mittig und geerdet zu fühlen, den haben ja die meisten Menschen und trotzdem ist dieses rationale höher, schneller, weiter oft so viel sexier als die Arbeit am Körper entlang. Ins Wahrnehmen zu gehen. Wahrscheinlich müssen wir es auch nicht sexier, gestalten, die Menschen werden irgendwann merken, dass der Kopf nicht reicht oder?

Ja, diejenigen, die spüren, dass es nicht reicht, die wissen es auch. Aber ich glaube den meisten fehlt es daran zu wissen, was sie tun zu können. Und da denke ich, ist es unsere Arbeit das noch weiter zu teilen. Niemand muss leiden, auch nicht innerlich. Irgendwann zeigt sich das Leiden auch im Außen, da kann ich noch so viel ins Fitnessstudio gehen, irgendwann wird man es sehen. Und viele sind noch im Außen, genau so wie du gesagt hast: Höher, schneller, weiter. Aber ich merke auch langsam eine Tendenz von „Ich möchte mein Inneres kennenlernen und was ist der Unterschied zwischen dem Ego und dem Ich? Und was darf ich denn, was nicht?“. Und das fängt bei den meisten spätestens dann an, wenn man eigenen Kinder hat, weil man seine eigene Kindheit erneut erlebt. Und das ist Fluch und Segen zu gleich. Denn wenn ich nichts tun will oder nich weiß, was ich tun kann, dann werde ich auch das in meinen Kinder unterdrücken, was auch bei mir unterdrückt wurde. Wenn ich mir aber bewusst bin an der Stelle, dann habe ich die Möglichkeit dies nicht auf die Kinder zu übertragen, denn das passiert unbewusst, die Kinder spiegeln uns. Das heißt wenn irgendwas im Leben nicht fließt, also in allen Hinsichten, dann möchte mir das Universum und der Körper schon was sagen und sich dann Fragen, was ist das denn. Und dann kommt man weiter. Und wenn man diese Tür einmal geöffnet hat, so wie ich, dann kommen so viele wunderbare Tools einem entgegen, dies es einem ermöglichen sich besser zu fühlen, man muss es nur wollen.

 

Und es ist auch okay, wenn’s gerade nicht gewollt ist oder nicht der richtige Zeitpunkt da ist. Ich glaube den optimalen Zeitpunkt gibt es nicht, den wird es nie geben, für egal was. Ob du dich selbstständig machen willst, ein Haus bauen willst, was auch immer.

 

Ich muss verstehen, dass das Ich nicht Ego ist oder Ich werden soll, denn es geht darum hier im heute zu leben und nicht in der Vergangenheit und da sind wir bei etwas, dass schon an die Persönlichkeitsentwicklung grenzt, denn ich kann mich nur persönlich entwickeln, wenn ich mir diese Fragen stelle. Und mein Körper hat aufgrund dessen, was ich erlebt und vererbt bekommen habe, hat eine so große Auswirkung auf mich. Auch das, was in den vorherigen Generationen erlebt wurde steckt in meiner DNA. 

 

Und wer jetzt den Kopf schüttelt bei Generationstrauma: Was wissenschaftlich wirklich feststeht ist, dass der Moment, indem die Person, die mich geboren hat im Bauch der Person, in der sie sich entwickelt hat, dass sich dort Eierstöcke etc. entwickeln, das heißt es kann sein, dass ich als Eizelle bereits im Bauch meiner Oma war. Und das finde ich gerade für unsere Generation superwichtig. Für alle, die Eltern haben, die so 1940/1950, also in der Nachkriegszeit geboren wurden. 

 

Früher dachte man, dass es 2-3 oder 7 Generationen sind, aber das geht noch viel weiter. Und das hängt davon ab, ob die DNA aktiv oder nicht aktiv ist. Und das wiederum hängt von anderen Faktoren wie z.B. Blockaden, Ernährung und Traumata ab. 

 

Das heißt aber auch, dass wenn ich mich weiterentwickelt und meine DNA weiter verbessert, dann hat das eben auch Auswirkungen auf die nachfolgenden Generationen.

 

Wie kann ich mit dir arbeiten?

Ich habe vor dazu einen Kurs zu entwickeln. Vermutlich wird es ein Hybrid-Kurs werden. 

 

Wer es gar nicht erwarten kann, der kann die Aufzeichnung vom Workshop aus Oktober erwerben. Oder 1:1 auf mich zukommen über Instagram: Katklingenberg 

 


Neugierig geworden?

Kommentar schreiben

Kommentare: 0