Beckenboden To Go – Folge 69: Belastungsinkontinenz

Was ist Belastungsinkontinenz?

Belastungsinkontinenz wird auch Stressinkontinenz genannt und bedeutet, dass man bei Belastung einige Tröpfchen bis größere Mengen Urin verliert. Die Belastungsintensität kann ganz unterschiedlich sein. Inkontinenz kann bei ganz kleinen Belastungen wie zum Beispiel Aufstehen auftreten oder es braucht eine große Belastung wie Joggen oder Trampolin springen. Belastungsinkontinenz kann auch in der Sexualität auftreten, also bei penetrativem Sex oder Orgasmen. Wir haben oft Patient*innen, die sehr viele Jahre darunter leiden und denken, dass es normal ist Tröpfchen Urin zu verlieren, aber tatsächlich sollte es die Beckenbodenmuskulatur schaffen den Urin zu halten. 

 

Wie kommt es, dass Menschen belastungsinkontinent werden?

Wenn wir plötzliche Belastung erfahren, erhöht sich der Druck in unserem Bauchraum und somit der Druck auf unsere Blase. Wenn unser Beckenboden dann nicht gegen die Belastung halten kann, verlieren wir Urin. Unser Beckenboden ist in mehreren Schichten aufgebaut. Bei der Belastungsinkontinenz ist vor allem die tiefere Schicht von Bedeutung, die mit ihren schnellen Muskelfasern automatisch die Harnröhre verschließt und den Urin zurückhält. Es kann sein, dass eine Person einen zu schwachen Beckenboden hat und die Muskulatur nicht kräftig genug ist, um den Urin zu halten. Es kann auch sein, dass eine Person einen zu verspannten Beckenboden hat und die Muskulatur ständig angespannt ist und bei Belastung nicht noch mehr anspannen kann. Oder eine dritte Möglichkeit ist, dass Koordinationsproblem vorliegt. Eine Person ihre Muskulatur also gut anspannen und locker lassen kann, das Timing aber einfach nicht stimmt. 

 

Wie kann ich herausfinden, was bei mir die Ursache ist? 

Tatsächlich ist das von außen gar nicht so einfach. Es gibt ein paar Indizien, die auf einen zu schwachen oder zu verspannten Beckenboden hindeuten, aber generell sollte man einen Beckenboden Check-Up machen. Mit einem Ultraschallgerät kann man dann sehen, wie die Muskulatur in verschiedenen Bereichen an- und entspannt. 

Was gibt es denn für Gründe, dass mein Beckenboden nicht so reagiert wie er sollte? Da gibt es ganz unterschiedliche Gründe. Geburt und Schwangerschaft sind natürlich einfach aufgrund der großen Belastung für den Beckenboden oft eine Ursache. Aber nicht immer muss eine Person eine Schwangerschaft oder Geburt erlebt haben. Auch die Hormonveränderungen in den Wechseljahren können eine Belastungsinkontinenz begünstigen. Der Östrogenspiegel sinkt mit dem Alter und das kann auch Auswirkungen auf die Durchblutung des Bindegewebes um die Blase herum haben. Aber auch Leistungssportler*innen zum Beispiel haben oft Probleme mit Belastungsinkontinenz, da sie durch den Sport ständig großen Druck im Bauchraum hervorrufen. 

 

Was kann ich gegen meine Belastungsinkontinenz machen?

Total wichtig ist erstmal mit seiner Ärzt*in oder Beckenbodenphysiotherapeut*in darüber zu sprechen. Belastungsinkontinenz betrifft viele Menschen und man ist damit nicht alleine. Wenn man sich Hilfe geholt hat, kann man sich z.B. ein Rezept für Beckenbodenphysiotherapie verschreiben lassen. Bei uns in der Praxis lernt man dann erstmal den Beckenboden kennen und hat ein Anamnesegespräch. In der zweiten Behandlung lernen wir dann Übungen, um den Beckenboden zu kräftigen und generell die muskuläre Koordination zu verbessern. Es gibt daneben auch noch andere Möglichkeiten wie Pessare, das sind so kleine Hilfsmittel, die man sich vaginal einführt und die dann die Blase stützen können, quasi wie ein Sport-BH für die Blase. Auch eine medikamentöse Behandlung kann sinnvoll sein. Es gibt die Möglichkeit bei Ärzt*innen den Östrogenhaushalt überprüfen zu lassen und gegebenenfalls mit leicht dosiertem Östrogengel das Bindegewebe zu unterstützen. 

 

Liegt der Fokus in der Therapie denn nur auf dem Beckenboden?

Nein, da gehört sehr viel mehr dazu. Wir schauen uns die gesamte Rumpfmuskulatur an und auch die Atmung spielt eine wichtige Rolle in der Therapie, denn Zwerchfell und Beckenbodenmuskulatur arbeiten immer zusammen. Da gibt es ein riesiges Repertoire an unterschiedlichen Übungen aus denen wir die passenden für die jeweiligen Patient*innen auswählen. 


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