Beckenboden To Go – Folge 73: Narben

 

Warum ist es wichtig, über Narben zu sprechen?

Es ist total wichtig über Narben zu sprechen, weil sie einfach sehr oft vergessen werden. Wenn die Fäden gezogen sind und der Schorf verheilt ist, sieht man ja oft von außen nicht mehr viel. Was innen drin mit dem Gewebe passiert ist, wird dann einfach vergessen. Narben können aber tatsächlich auch später noch Probleme machen, weil sie eben Störherde sind. Und dann wundert man sich, warum man Hüftschmerzen oder Rückenschmerzen hat und führt das vielleicht nicht auf die Narbe zurück. 

 

Was genau ist denn eigentlich eine Narbe?

Eine Narbe ist eine natürliche Reaktion vom Körper auf eine Verletzung. Gewebe wird verletzt oder durch eine OP durchtrennt, woraufhin ein Heilungsprozess im Körper abläuft, der zu einer Narbe führt. Dieses Narbengewebe ist dann eine Art Ersatzgewebe, es fehlen Schweiß- und Talgdrüsen und es ist unorganisierter. Es bekommt wieder Zugfestigkeit, ist aber nicht so funktionell wie das Ursprungsgewebe. Das Narbengewebe ist total wichtig, weil es das innere Gewebe vor Zug und anderen Einflüssen schützt, sodass sich die Wundränder schließen können. Nur später kann es sein, dass dieses Gewebe Beschwerden verursacht. 

 

Was haben Narben mit Beckengesundheit zu tun?

Es gibt natürlich einige Geburtsverletzungen wie Dammrisse, Labienrisse oder auch Scheidenrisse, die in direktem Zusammenhang mit dem Beckenboden stehen. Die entstandenen Narben können zu übermäßiger Spannung im Beckenboden führen, was zum Beispiel Schmerzen beim Geschlechtsverkehr verursachen kann. Man kann eventuell auch nicht gut sitzen in der ersten Zeit nach der Geburt oder spürt ein Druckgefühl im Becken. Die Narbe kann sich auch noch lange Zeit wulstig anfühlen, wenn eventuell zu fest genäht wurde oder es können auch links-rechts Unterschiede in der Beckenbodenmuskulatur entstehen. Der andere große Themenbereich sind die Kaiserschnittnarben. Bei Kaiserschnitten werden 7 Schichten durchtrennt, was natürlich riesige Einflüsse über Faszien auf die Beckenbodenmuskulatur hat. 

 

Ich habe noch eine Frage zu den Dammnarben. Ist es besser einen glatten Schnitt oder einen Riss zu haben?

Wenn man den Damm schneidet, kann es unter Geburt passieren, dass der Damm weiter reißt. Von der Heilung ist es schwierig zu sagen, beim Schnitt geht auf jeden Fall Muskulatur kaputt, was beim Dammriss ersten Grades nicht der Fall ist. Das ist auch situationsabhängig, wenn es wirklich schnell gehen muss, dann denkt man wahrscheinlich nicht mehr drüber nach. 

 

Woran könnte ich denn merken, dass meine Narbe Aufmerksamkeit braucht?

Da gibt es verschiedene Ebenen. Einmal die Gewebeheilung, aber auch die Emotionsebene. Die Narbe kann ja auch Emotionen wie Ängste, Scham oder Schuldgefühle festhalten. Rein körperlich gesehen, kann es sein, dass die Narbe noch rot oder wulstig ist oder die Narbe sich nach innen reinzieht. Taubheit, Wetterfühligkeit oder Schmerzen sind auch Symptome, die auftreten können. Und emotional kann es natürlich gerade bei Kaiserschnittnarben sein, dass alleine das Anfassen und Angucken sehr schwierig sein kann. 

 

Was kann ich tun?

Ich würde meistens damit beginnen, die Narbe zunächst einfach mal anzuschauen. Im zweiten Schritt kann man die Narbe dann anfassen, was allerdings für viele Personen bereits ein großer Trigger sein kann. Es kann daher auch hilfreich sein das Anfassen in der Therapie oder auch mit dem/der Partner*in zu machen. Generell ist das Vorgehen sehr individuell, aber meistens geht es dann weiter mit oberflächlichen Narbentechniken. Bei Kaiserschnittnarben ist es erstmal wichtig dem Gewebe Zeit zu geben, das Pflaster drauf zu lassen und wenn man sich bereit fühlt vielleicht mal unter das Pflaster zu schauen. Erstmal abwarten bis die Fäden raus sind und die Wunde verheilt ist. Was auch vorher geht, sind leichte Bauchmassagen ohne zu viel Zug auf das Narbengewebe zu geben. Dann kann man mit den oberflächlichen Behandlung anfangen und nach ca. drei Monaten kann man mit den tieferen Schichten weiter machen. Dabei sollte man sich allerdings professionell beraten lassen. 

 

Und ganz wichtig, zu spät ist es nie. Du kannst immer was machen, egal wie alt die Narbe ist. 


Neugierig geworden?

Kommentar schreiben

Kommentare: 0